Eine stichhaltige theoretische Struktur

Keine Theorie, die auf einer falschen Basis konstruiert ist, kann stichhaltig sein. Sie bleibt ein mit Vorsicht zu genießendes Thema, läuft in Gefahr Widersprüche anzusammeln und bei irrigen Schlussfolgerungen zu enden. Sie bietet keine Garantie für eine Anwendung in der Praxis.

Das ist leider mit der klassischen Psychoanalyse geschehen. Das Ausgangsaxiom behauptet, dass das Ziel des nicht der Fortpflanzung dienenden Sexualinstinkts das Vergnügen wäre, welches eine Fehlinterpretation hinsichtlich der Evolutionsgesetze ist. Es stammt von dem religiösen Bild der Sexualität „Sexualität = Lüsternheit“, welches im Namen der rationalistischen Amoralität und dem Recht auf Vergnügen, umgedreht wurde, wie auch die Leugnung des Übersinnlichen. Für Freud und die Pioniere, die ihn umgaben (außer Jung), war es unmöglich eine transzendente Zweckbestimmtheit geltend zu machen, ohne sich in eine heikle Lage in Bezug auf die Wissenschaft zu bringen. Paradoxerweise ist es gerade diese Verschleierung, welche die Psychoanalyse ihrer empirischen Basis beraubt hat, die erlaubt hätte eine wissenschaftlich wertvolle Theorie aufzubauen.

Kennt man das Ziel eines Instinkts, ist es möglich, seine Funktion sowie seine Verwirklichungsmodalitäten zu erklären und die Gründe für ein Scheitern zu bestimmen. Man kann also die Beziehungen von Ursache und Wirkung aufdecken, Fehler bestimmen und Faktoren einer Unordnung erkennen in Bezug auf eine wohldefinierte Ordnung.

Weiss man z.B., dass der Hungerinstink als Ziel die Zufuhr der für den Organismus nötigen Substanzen hat, kann man allerlei Forschungsarten zur Biochemie der Ernährung, dem Metabolismus und zum Verstehen der Ursachen von Verdauungs- oder Stoffwechselstörungen anwenden, die Ursachen von Mängeln oder Überlastungen klären, zwischen guter und schlechter Ernährung unterscheiden, das Ernährungsregime korrigieren, usw. Kurz: aus der Ernährung eine wirkliche Wissenschaft machen.

Hielte man im Gegenteil an der Idee fest, dass das Ziel des Appetits einfach Gaumenfreude ist, kann man nur eine Kunst der Gaumenfreude entwickeln, die nichts anderes ist als unsere Gastronomie. Man geht dabei am Wesentlichen vorbei. Unter diesem Gesichtspunkt gesehen ist die Freudsche Psychoanalyse eine Gastronomie der Sexualität…

Das psychoanalytische Gespräch hat sich derart entwickelt, dass es die Ungereimtheiten, die aus dem Anfangsfehler entstehen, maskiert. Indem man nicht definieren kann, welches ein natürliches psychosexuelles Funktionieren wäre, d.h. dem Sexualinstinkt erlauben würde sein Ziel zu erreichen, schleichen sich alle möglichen Widersprüche und Lücken in die Theorie ein, die man mit den gegebenen Mitteln verschleiern oder rechtfertigen musste.

Freud behauptete z.B., dass die Psychoanalyse nicht das Ziel habe die Gesellschaft zu verändern, sondern einen rein therapeutischen Einsatz. Das erlaubte, die entsprechende Moral nicht in Frage stellen zu müssen und im Gleichklang mit dem sozialen Umfeld zu bleiben, aber stellte in sich eine, dem wissenschaftlichen Denken, welches er proklamierte, entgegengesetzte Manipulation dar. Ein wissenschaftliches Herangehen an die menschliche Psyche darf die Moral nicht ausklammern. Sie durchdringt das Paradigma selbst, in welchem der Forscher seine Hypothesen und Denkweisen. Es ist unbedingt notwendig sie in Frage zu stellen, weiss man, dass sie den ursprünglichen Gesetzen der psychischen Strukturierung nicht entspricht und dass ihr historischer Ursprung zwielichtig ist.

Ein anderes Beispiel: Das Prinzip einer analytischen Kur besteht darin, im Bewußtsein traumatische, unbewußte, mit dem verdrängten Ödipus in Zusammenhang stehende Inhalte auftauchen zu lassen, dann bewußt die soziale Unangemessenheit der ödipalen Triebe sowie die Unausweichlichkeit ihres Ablehnens zu erkennen, mit der Idee, sie von ihrem pathogenen Inhalt zu befreien. Dieses Prinzip stellt nichts als eine Palliativlösung für die Neurose dar. Es ist zum Scheitern verurteilt, da die Stigmatisierung der natürlichen Triebe einen neuen Konflikt zwischen dem freien Willen (dem Ich) und den unbewußten, angeborenen Gegebenheiten (dem Es) hervorruft. Dieser Konflikt hat zur Folge die magische Dimension, die der Erwachsene von der Kindheit her behalten sollte, endgültig zu zerstören und die übersinnliche Entwicklung zu kompromittieren. Der Analysierte findet eine gewisse Freiheit im Ausdruck seiner Sexualität wieder, aber er verliert die subtile Quintessenz zugunsten einer „Vulgarität“ im Sinne des pandemischen Eros Platons.

Aus dem gleichen Grund tut sich die Psychoanalyse schwer, das Problem der Homosexualität zu behandeln. Da die sexuellen Triebe so beschaffen wären, dass sie als Ziel die Fortpflanzung hätten (wie der Freudsche Begriff von den „vorbereitendenVergnügen“ bezeugt), wäre jeder Trieb für eine Person gleichen Geschlechts eine Abweichung von den natürlichen Funktionen. Der Homosexuelle benutzt für seine Vergnügenssuche die Organe, die für eine heterosexuelle Beziehung da sind oder der Ausscheidung dienen und erscheint als ein Ausnahmefall der Naturgesetze. Der Analyst muss also die Ursachen dieser Abweichung im angsteinflößenden Bild der Mutter oder des Vaters suchen oder in einer genetischen Spezialität. Die Künstlerqualitäten zahlreicher Homosexueller, werden auf das Konto einer Sublimation, also einer Spezialform der Neurose geschoben, zum Nachteil der transzendenten Funktion, die der uranische Eros bei der Speisung der Kreativität und anderer metapsychischen Funktionen haben kann.

Bei Jung hat ebenfalls das Nichtwissen der Verbindung von Eros und dem Metapsychischen ein Herangehen, das auf der Verleugnung der Sexualität beruht, ausgelöst. Er spricht z.B. von dem „Abfalleimer der kindlichen Sexualität“. Deswegen zieht die Erklärung, die er der Neurose gibt, nur die „numinosen Energien“ in Betracht, die unter dem Einfluss des Verstandeskultes wie er unserer Gesellschaft eigen ist, verdrängt wurden. Er bleibt jedoch unfähig das Warum dieses Kultes zu klären und einen natürlichen Zugang zu den übersinnlichen Fähigkeiten zu ermöglichen, die erlauben würden die numinosen Energien zu schöpfen und zu befreien.

Man sieht so wie das Nichtwissen der metapsychischen Funktion der Liebe und der Sexualität diese zwei großen psychoanalytischen Strömungen sterilisiert hat. Das Gleiche gilt für alle anderen Schulen. Da sie nicht zu den wirklichen Ursachen der endemischen Neurose vordringen konnten, haben sich die Theorien multipliziert, ohne dass eine einheitliche Struktur sie vereinen konnte. Weil man „Mittag um 14 Uhr“ suchte, ist im Laufe der Jahrzehnte das psychologische Gerede immer komplexer geworden, bis an den Punkt, wo es für Nichteingeweihte unverständlich wurde (z.B. der Lacanismus).

Es fehlt gleichfalls eine einfache Logik, die eine für die jungen Leute im Schulalter verständliche Herangehensweise der Psychoanalyse gründen würde. Die Mehrheit der Schüler haben ein besonders konfuses Bild vom Freudismus, ohne die geringste Öffnung für die Thesen Jungs und Reichs.

Ebenfalls wegen der Verschleierung der metapsychischen Zweckbestimmtheit der sexuellen Triebe, kommt es, dass die Analysen unendlich sind und unfähig auf die tiefgehenden Erwartungen der Analysierten zu antworten und zu den Ursprungsursachen ihrer Störungen zurückzugehen.

Die Urpsychologie nimmt die psychoanalytischen Theorien in dem auf, was an ihnen stichhaltig und unersetzbar ist, während sie das Anfangsaxiom korrigiert. Das Zufügen einer metapsychischen Funktion für die Liebestriebe, erlaubt also eine kohärente Theorie zu bauen, zugunsten einer klaren Axiomatik, wie es jede wissenschaftliche Theorie fordert. Das Verständnis der psychoanalytischen Theorie geht viel schneller vonstatten, und die therapeutischen Resultate sind schneller, dank des Ans-Lichtbringens der ursprünglichen Ursachen.

Der Zugang zu den übersinnlichen Botschaften durch den Analysten, den Analysierten oder durch ein zwischengeschaltetes Medium, erlaubt komplexe Situationen sofort zu erhellen und die näheren Begleitumstände zu entdecken. Die archetypalen Energien erfüllen depressive Leere, lassen alte Wunden vernarben und erfüllen das Herz mit Glück und Kreativität. Das Liebesleben findet zum Atem der Jugend zurück und gibt schnell dem täglichen Leben seine natürliche Struktur und seinen ursprünglichen Geschmack zurück.