Ein anderes Gesellschaftsmodell

Wie würde sich eine Gesellschaft strukturieren, in der alle Individuen Zugang zur übersinnlichen Wahrnehmung hätten? Diese Frage bekommt einen Sinn in dem Moment, wo man weiß, dass die Liebe, sofern sie unter Einhaltung gewisser natürlicher Regeln gelebt wird, als Hauptaufgabe die Entwicklung übersinnlicher Fähigkeiten hat. Diese Fähigkeiten sollten allen zur Verfügung stehen.

Was würde bei der Bildung einer Gesellschaft geschehen, in der alle Individuen die Gabe z.B. des Hellsehens hätten, nach gleichen spirituelllen Werten strebten, in schwierigen Situationen zu gleichen Lösungen geführt würden, in Ereignissen dieselben essenziellen Ursachen sehen und sich spontan auf der Basis dieses allgemeinen Nenners einigen könnten? Wenn Wahl und Entscheidungen unter der Schirmherrschaft eines für jeden zugänglichen kollektiven Unterbewußtseins abliefen?

Die „Macht“, so wie wir sie heute kennen mit ihrer mehr oder weniger toxischen Mischung aus Wissen, Unwissenheit, Divergenzen, Protektion, Spaltung, Dominanz, Abhängigkeit, Wettstreit, Intelligenzia, Verdummung usw., hätte einfach keinen Sinn mehr. Es würde eine Art erleuchteter Demokratie entstehen – zweifellos effizienter als eine erleuchtete Monarchie, wo ein angeblich mit der Göttlichkeit verbundener Souverain die allgemeine Dummheit wettmachen musste, ohne dass irgendwer die Authentizität seiner Erleuchtungen prüfen konnte…

Hier wäre keine Person König, sondern alle. Es gäbe eine einzige Partei, aber ohne Rückgriff auf Zwang oder simplistischen Ideologien, gegründet auf eine permanente Synchronisation der verschiedenen Individuen, ihrer Darstellungen, Sehnsüchte, Reflexionen, Entscheidungen und Zukunftsvorstellungen. Die Einheit käme nicht auf der Grundlage von Konditionierungen und gemeinsamer Ängste zustande, sondern täglich neu auf einer desselben metapsychischen Informationsflusses. Das ist zweifellos mehr vereinend als der Informationsfluss des Fernsehens, der unsere Neuronen zerquetscht…

Die übersinnlichen Botschaften gehen immer Richtung Respekt der anderen und Respekt vor dem Leben. Sie sind von Natur aus der Garant für eine lebensnotwendige Ordnung und soziale Harmonie. Sie führen jeden dazu an seinem Ego zu arbeiten, sein Gleichgewicht und die für einen natürlichen Zustand charakteristische Abgeklärtheit zu finden, einen Sinn für Gastfreundschaft zu entwickeln, Neuem gegenüber offen zu sein und ein Bewußtsein für Kräfteverhältnisse zu haben. Hochmut, Überheblichkeit, Illusion, Geiz und andere egozentrischen Impulse sind immer Ursache für Missverständnisse, Meinungsverschiedenheiten und Konflikte.

Man fand bei primitiven Gesellschaften, wo das Übersinnliche noch teilweise seinen angestammten Platz einnahm, eine unvergleichliche Gruppeneinheit, verbunden mit einem großen Sinn für Gastfreundschaft. Kriege blieben meistens eine Art von Simulakren, Besitz bedeutete eher Verantwortung als Besitzen, die Macht wurde mehr wie ein persönliches Opfer als wie ein Überlegenheitszeichen empfunden. Alle waren sich einig die materiellen Güter demjenigen anzuvertrauen, der am meisten Liebe und Gerechtigkeit aufwies. Der Begriff Korruption hatte keinen Platz, Geld wurde nicht als ein Instrument der Kapitalisierung angesehen, sondern als gerechtes Tauschmittel.

Diese Form der Harmonie entspringt direkt den Evolutionsgesetzen. In einer natürlichen Welt mit zufälligen, häufig destruktiven Kräften, ist ein Zusammenhalt eine Frage des Überlebens. Es ist also nicht erstaunlich, wenn man das primitive Funktionieren der Psyche wiederherstellt, man die besten Kriterien für ein politisches Gleichgewicht und gute Intelligenz findet.

Zur ordnenden Aktion des Übersinnlichen kommt noch hinzu, dass die Neurose wegfällt. Wenn der natürliche Eros seine Rolle als essenzielle transzendente Energiequelle spielen kann, kommt es nicht zu der Überfülle an Verdrängungen, die den Freudismus bekannt machten.