Die fundamentale Verbindung zwischen Eros und Spiritualität

Sexualität und Spiritualität: für viele zwei einander gegensätzliche Gebiete! Derjenige, der in Lüsternheit verfällt, endet in der Hölle, während eine vollendete Spiritualität das Individuum von aller sexuellen Knechtschaft befreit. Diese archaischen Schemata wirken noch immer in eine guten Anzahl der Geister.

Man hat aber nicht immer so gedacht. Die Ägypter haben die Säulen ihrer Tempel in Phallusform behauen, der Beweis, dass sie in der Sexualität eine spirituelle Funktion sahen. Bei den alten Griechen war die Sexualität ein integraler Bestandteil von heiligen Zeremonien wie die orphischen Kulte oder die eleusischen Mysterien.

Das am meisten ins Auge springende Beispiel liefert Platon. In zweien seiner „Dialoge“, erklärt uns der Vater der modernen Philosophen im Detail, dass die edelste Funktion des Eros sei, die Flügeln der Seele sprießen zu lassen, damit sie sich bis zu den Essenzen erheben kann. Die Mehrzahl der Interpreten übersetzten „Essenz“ mit „Idee“, was die Metapher ihrer Substanz beraubt.

Platon führt uns ohne Zweideutigkeit zu einer transzendenten Dimension, „gelegen über dem Himmelsgewölbe“. Die Essenzen dienten als Nahrung für die Götter und sollten ebenfalls die Seelen nähren. Unglücklicherweise sind die meisten Seelen gefallen und haben von den Essenzen nichts als vage Erinnerungen. Der himmlische Eros hat als Ziel den entscheidenden Kontakt, wie man annimt, dass Priester, Dichter und Wahrsager ihn haben, wiederherszustellen. Der vulgäre Eros hingegen verdammt die Seelen dazu verzweifelt auf irdischem Niveau herumzuirren.

Man erkennt in den Essenzen das, was Jung als Archetypen bezeichnet. Für den schweizer Psychoanalytiker wie für den griechischen Philosophen, sind es die übersinnlichen Fähigkeiten, die Zugang dazu gewähren, fern der Spaltung, die wir zwischen Spiritualität und dem Paranormalen machen. Diese beiden Gebiete formen ein Ganzes. Weiss man, dass Gott Liebe ist, führt die Wiederentdeckung der Verbindung zwischen dem Eros und übersinnlichen Fähigkeiten gleichfalls dazu ihre Einheit wiederherszustellen.

Die evolutive Ökopsychologie fügt den Lehren der Alten eine präzise Definition der Bedingungen unter welchen das Liebesleben erlaubt dieses höhere Ziel zu erreichen, hinzu. Der systematische Charakter dieser „Anbindungen“ an das Übersinnliche, wie auch die Homogenität der beobachteten Manifestationen und den regelmäßigen Bestätigungen der Botschaften, erlauben den Schluss zu ziehen, dass es sich um recht reelle Phänomene handelt.

Die Metaphern Platons über die Liebe geben im Allgemeinen den Eindruck eines naiven Glaubens wider, während die Tatsachen ihn als einen ausserordentlichen Wegbereiter erscheinen lassen, mehr noch auf diesem Gebiet als auf anderen – oder als letzten Erben verlorener Erkenntnisse.

Halten wir fest, dass das Konzept der platonischen Liebe, so wie es seit dem Zeitalter der Aufklärung definiert wird, zur Konfusion führt. Platon hat nicht ein drakonisches sexuelles Verbot zur Geltung gebracht, sondern er stigmatisiert nur die Begierde (Lüsternheit), der er das Scheitern dieses subtilen Eros zuschiebt.

Näher an uns übermittelt uns das berühmte Werk des Hieronymus Bosch, der „Garten der Lüste“, dieselbe Botschaft. Die Eule, klassische Allegorie der übersinnlichen Fähigkeiten, befindet sich im Zentrum des Paradieses, und in ihre Richtung weisen die Liebesbeziehungen. Diese werden mit mächtigen Details wiedergegeben, die den ganzen Polymorphismus der menschlichen, nicht auf die Fortpflanzung gerichteten Sexualität unter bestimmten Bedingungen zeigen, die ihr ermöglichen das transzendente Ziel zu erreichen. Der dritte Flügel des Triptychons stellt dieser zauberhaften Welt die Qualen der Hölle gegenüber, die das Leben der Menschen heute ausmachen.

Die Definition eines reellen Phänomens erfordert, dass es definierbar und reproduzierbar ist. Diese zwei Bedingungen zwischen dem Zusammenhang von Liebe und übersinnlicher Wahrnehmung werden reichlich erfüllt. Die Stichhaltigkeit und Kohärenz der paranormalen Botschaften wie auch die Nachprüfbarkeit von Vorherahnen und Visionen über Distanzen, stellen eine Garantie für die Realität dar. Die Tatsache, dass dieselben Manifestationen unter ähnlichen Umständen bei einer großen Anzahl von Personen beobachtet werden können, zeigt hinreichend, dass es sich weder um Zufälle handelt noch um Simulationen. Der Physiker macht nichts anderes, materielle Phänomene betreffend: Es ist die Kohärenz und die Nachprüfbarkeit der Beobachtungen, die ihm erlauben von Realität zu sprechen.

Es ist also erwiesen, dass ein gewissen Naturgesetzen konformes Liebesleben erlaubt übersinnliche Fähigkeiten in einer Art und Weise zu entwickeln, der kein anderer Weg gleichkommt. Weiss man, dass diese Fähigkeiten eine essenzielle Rolle bei Führung, Schutz und spiritueller Evolution des Individuums spielen sowie bei zwischenmenschlichen Beziehungen und der Strukturierung der menschlichen Gemeinschaft, ist es nicht übertrieben zu erachten, dass es sich hierbei um eine fundamentale und unersetzliche Verbindung zwischen Eros und Transzendenz handelt.

Eine andere Art dasselbe zu sagen besteht darin, in Liebe und Wahrheit zwei Aspekte ein und derselben transzendenten Realität zu sehen. Jeder Archetyp wird durch zwei Kanäle wahrgenommen: den intellektuellen und den affektiven. Die Liebe wäre also die affektive Komponente und die Wahrheit die intellektuelle ein und desselben Archetyps, den man Eros nennen könnte, da man weiss, dass der Eros der Gott ist, der das primitive Chaos strukturiert hat. Er scheint übrigens fähig zu sein auch heute noch das Chaos in unserer Psyche zu ordnen, unserer Neurosen…

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